Freitag, 28. Juni 2013

Mittwoch, 26. Juni 2013: Kleiner Grenzverkehr, Teil 2 (rechtsrheinisch)

Wir verlassen Neuf-Brisach durch das einzige bisher noch nicht in Augenschein genommene Tor, die südwestlich gelegene Porte de Bâle (= Basel). Es gibt überhaupt nur vier Tore, da sie ja aus militärischer Sicht stets eine Schwachstelle darstellen: durch die (nordöstlich gelegene) Porte de Colmar sind wir naheliegenderweise hereingekommen, in der (südöstlichen) nicht befahrbaren Porte de Belfort ist jetzt das Musée Vauban untergebracht, in dem Kinder ein Stück der Befestigungsanlagen in 3D nachpuzzlen können, - durch dieses Tor haben wir Zugang zu den Befestigungsanlagen bekommen -, und von den Gebäuden der Porte de Strasbourg (natürlich nordwestlich) ist nichts mehr übrig nach dem Krieg von 1870/71; jetzt ist da nur noch ein Mauerdurchbruch, durch den wir uns nach unserem "Grabengang" hereinzwängen: die Autos brausen da ganz schön durch.

Wir fahren zum Rhein, der hier den Eindruck eines vierarmigen Flusses erweckt, welcher aber täuscht: Zunächst geht es über den Rheinseitenkanal, dann über einen Nebenarm des Kanals, dann über die Rheininsel und dann über den Rhein (in dessen Mitte die Grenze verläuft), zum Schluss auch noch über die Möhlin. (Wer sich die komplizierte Sachlage auf der Karte ansehen will, konsultiere zum Beispiel Google Maps mit dem Suchbegriff "Usine Électrique de Vogelgrun, Vogelgrun, Frankreich".) Der Rhein selbst hat hier eine kleine Staustufe, so dass man beim Überqueren ein Schauspiel von doch gemäßigt tosenden Rheinfällen beobachten kann.

Wir fahren an Bad Krozingen vorbei und durch Staufen hindurch und erreichen bald darauf unser Ziel, das Atelier und den Garten einer Kreativen, die beides mittwochs öffentlich zugänglich macht. Ein Gesamtkunstwerk mit einem deutlichen Akzent auf Papier und Schrift und auf den Farben Blau und Weiß mit goldenen Glanzlichtern - im Garten kommt dann noch Grün hinzu. Schöne Sachen, mit denen man hefteweise Magazine irgendwo zwischen Schöner Wohnen und Landlust füllen kann. Es ist Bestandteil des Besuchsangebots, dass man einen der zahlreichen Sitzplätze im Garten in Beschlag nehmen und Kaffee trinken und Kuchen essen kann, was wir dann auch tun. Ohne Frage ein wunderbares Stückchen Zaubergarten (mit Teich und vielen verschwiegenen Ecken, aber auch einem Ausblick auf das weite hügelige Land), und ohne Frage zu schön, um ihn vor aller Augen versteckt zu halten. Insofern verstehe ich das Konzept, es mittwochs zu öffnen, finde aber andererseits, dass es eben doch ein bisschen so ist, wie wenn man im Museum wohnt. Für einen Ausflug war es aber jedenfalls empfehlenswert.

Am Abend in Colmar essen wir "ausländisch" - da in Deutschland die nordafrikanische Küche gerade ganz ganz ganz "trendy" wird (mediterran? gähn! japanisch? kenn'w'rschon! marokkanisch? au ja!) und ich zuletzt auch schon ein entsprechendes Kochbuch erstanden, aber wg. Spargelsaison noch nicht benutzt habe, möchte ich gern noch einmal probieren, wie ein Tajine so sein kann - und aufgrund der französischen Geschichte ist die maghrebinische Küche hierzulande weniger unbekannt und exotisch als in Deutschland. Wir kehren im Djerba La Douce ein; der "Jefe" ist ein Original. Laute nordafrikanische Musik dudelt durch den Raum, er singt lautstark, aber nicht unbedingt schallplattenreif mit. Wir haben schon die ärgsten Befürchtungen, dass er ganz chaotisch sei und es mit dem Essensverlauf nicht gut funktionieren würde, aber: Abbitte! Das klappt alles überraschend gut, und als es später noch richtig voll wird, hat er sich flugs noch eine Schürze umgebunden und kann offenbar in einer "Wann-Männ-Schou" alle Gäste gleichermaßen bei Laune halten. Die Tajines, die wir bestellt haben, sind extrem unterschiedlich (Hühnchen mit Oliven und eingelegten Zitronen, Lamm mit Backpflaumen und Mandeln) und beide recht schmackhaft. Zum Nachtisch gönnen wir uns "pâtisseries orientales", die ganz anders sind als Baklava, aber auch wieder ein bisschen ähnlich, jedenfalls ziemlich lecker, und krönen alles mit dem unvermeidlichen gesüßten Thé à la menthe, der aus den Metallkännchen aus großer Höhe in die kleinen Gläschen praktiziert wird, so dass es auch schäumt. Hätte schlechter kommen können!

Nachtrag: Reisen bildet - weiß ja jeder. Bloggen bildet auch! Ich habe gerade gelernt, dass das Geschlecht der Staufer, dem Friedrich Barbarossa und Friedrich II. angehören, mit dem der Herren der Burg Staufen, deren fensterdurchsetzte Wand noch heute den Weinberg über dem Ort Staufen krönt, überhaupt gar nichts zu tun hat.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen