Montag, 24. Juni 2013

Sonntag, 23. Juni 2013: Sonntäglicher Zeitvertreib

Nach so viel Außerirdischem benötige ich jetzt erst einmal eine Kleinigkeit zu essen. In Guebwiller ist nicht viel los ... außer im Café Helfter (mit dem "ultrahippen" Webauftritt, wie ich jetzt eben entdeckt habe) an einer Art "Marktplatz", der den unfrohen Charme von 1970er-Jahre-Stadtplanung atmet, durch offenbar neue Hochbeete mit allerlei gemischtem Gemüse gleich neben dem besagten Café aber doch noch fast gerettet wird. Der Erdbeerbecher heißt hier Coupe Romanov, was ihn auch nicht billiger macht: ich glaube, es waren unglaubliche 7,80 Euro - aber das scheint hier ja normal zu sein. :-(  Schmeckt auch nicht schlecht, der kleine Mandelbaiser als Krönung ist allerdings seeehr lecker. Und zum großen Milchkaffee gibt es ein köstliches Anisplätzchen: hhhhmmm! Scheint eine richtig gute Patisserie zu sein.

Derart gestärkt können wir uns nun an der Längsachse des Dorfes einmal auf und ab und wieder auf  bewegen. Ganz im Osten liegt die klassizistische Basilika Notre-Dame ... och nö, das ist nun wirklich nichts für uns. Klotzig und prunksüchtig. Allerdings muss ich der Dekoration bescheinigen, dass sie recht außergewöhnlich ist. Aus dem unten vergleichsweise finsteren Chorraum erhebt sich ein Bausch von Marmorwolken, deren organische Formen mit der Strenge der Architektur kontrastieren und die den Blick auf die schon halb zum Himmel gefahrene Maria lenken. Ein rundes, gelb verglastes Fenster am oberen Ende der marmornen Aufwallung, das das Dreieck mit hebräischen Schriftzeichen zeigt, welches die göttliche Dreifaltigkeit symbolisiert, sorgt dafür, dass die Finsternis unten dem göttlichen Glorienschein weicht. Beeindruckungsarchitektur?

Wir halten uns jedenfalls nicht zu lange auf. In der Mitte der besagten Dorfachse liegt eine gotische Kirche, die seinerzeit den Dominikanern gehört hat. Vermutlich bestehen noch Räumlichkeiten des zugehörigen Klosters - jedenfalls hat sich dort jetzt eine Musikschule angesiedelt; wir finden aber keinen Eingang in die Kirche. Egal - wir wollen eigentlich sowieso vor allem die romanische Kirche St Léger sehen. Rötliches Gestein, blauer Himmel, weiße Wolken - da stimmt bloß die Reihenfolge nicht, ansonsten haben wir die französischen Farben beisammen. - Das Innere der Kirche ist vor allem dunkel - eine von den Kirchen, bei denen man den Durst Abt Sugers und seiner "Mittäter" nach Licht und Luft und Gottes Atem in einer hellen gotischen Kirche verstehen kann. An Farbigkeit und Kraft mangelt es aber auch hier den Fenstern nicht - moderne Glaskünstler haben ausdrucksstarke Bildwerke mit abstrakten Formen geschaffen. Sie sind einfach bloß zu klein, um genügend Licht hereinzulassen. Ich sehe mir das Ganze lieber noch einmal von außen an und finde auch die kleinen Figuren wieder, die in den rautenförmigen Zwickeln zu Füßen des Vierungsturms sitzen und unverwandt in die Gegend schauen.

Nun haben wir schon ganz schön viel Zeit vertrieben (schreckliche Formulierung!) und beschließen, doch noch nach Murbach zu fahren. Von der dortigen einst ziemlich großen Abteikirche in einem grünen Vogesental ist nur noch das Chorhaupt übrig - den Rest hatte man Ende des 18. Jahrhunderts in Erwartung eines großen Neubaus abgerissen, der dann nie realisiert wurde. Auch früher schon waren Projekte keineswegs immer alle erfolgreich ... - Der Innenraum hat denn auch etwas Verstümmeltes; eine gotische liegende Grabfigur und ein geschnitzter Erzengel (?) sind noch die besten Stücke der Ausstattung. Schöner ist es, den kleinen deutsch beschrifteten Kreuzweg zur Loreto-Kapelle hinaufzugehen und den extra freigeschnittenen Ausblick auf die romanischen Türme im Tal zu genießen.

Dann ist es auch Zeit, nach Colmar zurückzufahren. Ein Essen im Restaurant des Hotels, ein abendlicher Stadtrundgang: fertig ist ein sommerlicher Urlaubssonntag.

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