Montag, 24. Juni 2013

Sonntag, 23. Juni 2013: Donnersteine

Heute steht schon gleich einer der (aus Sicht ausgewählter Reiseteilnehmer  ;-))) ) Höhepunkte der Reise auf dem Programm: der Besuch der internationalen Börse mit Objekten extraterrestrischen Ursprungs, so steht es jedenfalls auf dem Plakat. Es ist schon die 14. Ausgabe dieser Veranstaltung, und sie findet sinnigerweise in Ensisheim statt, wo annähernd zeitgleich mit der sogenannten Entdeckung Amerikas durch Columbus (also im Jahre 1492) am 7. November kurz vor Mittag mit großem Donnerhall ein Meteorit von etwa 130 kg niederging, welchen im Laufe der Jahre verschiedene Parteien so heftig geplündert haben, dass das verbleibende Stück im Dorfmuseum nur noch etwa 55 kg auf die Waage bringt. Man hat aber das Abklopfen so gestaltet, dass jedenfalls ich nicht gemerkt hätte, dass schon das Meiste fehlt ... (s. auch Bild in dem verlinkten Artikel).

Die Börse findet im Palais de la Régence statt, einem stattlichen Renaissancebau aus gelbem Sandstein, der mit einem teilweise offenen Erdgeschoss früher wohl auch als Markthalle dienen konnte, heute aber ein bisschen beschissen ('tschuldigung!) aussieht, weil man in den Gewölbezwickeln Schwalben nisten lässt. Der polygonale Treppenturm beherbergt eine freitragende Wendeltreppe innen ohne Geländer, die für interessante Fotos allemal gut ist, aber von den Ausstellern und Kunden meistenteils gar nicht wahrgenommen wird. Sowenig wie der Rest der Räumlichkeiten; es gibt interessante Kachelöfen, eine reichverzierte Holzdecke im Saal über dem offenen Erdgeschoss (der erfreulicherweise an drei Seiten Fenster hat) und eine großformatige Urkunde, die den Einwohnern von Ensisheim besonders vaterlandsfreundliches Verhalten in den letzten Tagen des zweiten Weltkriegs bescheinigt, samt Orden mit bronzenem Stern am Bande. Oder so ähnlich.

Die Aussteller kommen aus aller Herren Länder, mal mindestens aus Russland und diversen ehemaligen Sowjetrepubliken, aus Amerika, aus Nordwestafrika, natürlich auch aus der Schweiz, aus Österreich, Deutschland und Frankreich. Die meisten Stücke werden nach Gewicht verkauft, da kommen bei Grammpreisen von 3, 4, 5 Euro aufwärts leicht nennenswerte Beträge zusammen. "Aufwärts" ist auch sozusagen raketenmäßig gemeint: der Marsmeteorit von Tissint wird dann schon zu 600 Euro (jaja, immer noch pro Gramm) verkauft, und der Schweizer, der das tut, versucht die ganze Zeit mir zu versichern, dass das ein guter Preis ist - und versteht nicht, dass es mir das einfach nicht wert ist, und mag der Preis noch so gut sein. - Optisch attraktiv sind vor allem polierte Scheiben, an denen man Ätzfiguren bewundern kann und den Kontrast von durchscheinenden Olivinkristallen und hochglänzendem Metall. Das, was am Stück verkauft wird, sieht meist nach überhaupt gar nichts aus. Mickrige Brocken oder auch größere, schwarz oder graubraun, ph! Aktuell sind Stücke vom letzten großen Ereignis, dem Fall von Chelyabinsk am 15. Februar 2013, groß im Geschäft, klar.

Nach zwei oder drei Stunden haben wir alles incl. örtlichem Museum gesehen (sooo groß war die Börse ja nun auch wieder nicht). Das bewahrt die Reste des "Donnersteins" auf, zeigt die nicht unattraktiven Ergebnisse des Schulprojekts "Kinder entdecken den Kubismus" und ist ansonsten dem Kalibergbau gewidmet, der im Elsass in den vergangenen Jahrhunderten für einigen Reichtum gesorgt hat und erst kürzlich eingestellt wurde. Ach ja, und ein paar archäologische Funde aus recht frühen Zeiten gibt es auch noch. Eigentlich makaber, wenn "Grabbefunde" (so sagen die Archäologen wohl) ein wenig pietätlos in einer Museumsvitrine liegen ...

Apropos Aussteller: Ich weiß nicht so genau, ob die urigen Typen Aussteller sind oder Besucher ... einige der Nordafrikaner tragen wüstentaugliche Gewänder (Djellabas?), ein Europäer sieht aus wie vom Woodstock-Festival übriggeblieben (ja, solche gibt es immer noch!), und nur allzu gern hätte ich den Besitzer der umgebauten Ente mit Kasseler Kennzeichen (incl. TÜV-Plakette, kaum zu glauben!) gesehen. Die hatte nur noch den Fahrersitz und ansonsten eine ebene Fläche mit jeder Menge Kram, und sie wird offenbar gelegentlich als Wohnmobil genutzt ... vielleicht ist ja doch der besagte Alt-Achtundsechziger der Besitzer ...?! Einen Rasierspiegel hatte ich in der Ausstattung jedenfalls nicht gesehen.  ;-)

Wir flanieren noch ein bisschen durch den Ort (in dem es außer malerischen Kirschbäumen vor dem Kirchturm [bitte beides unbedingt mit westfälischer Aussprache lesen!] und dem besagten Palais nicht wirklich etwas zu sehen gibt), genießen Lavendelduft und Bienengesumm an einem nett angelegten Platz hinter dem Rathaus und fahren dann Richtung Guebwiller.

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