Wir machen uns also auf einen Rundweg durch das Viertel San Marco, das hier aber kein Viertel ist, sondern ein Sechstel. Venedig scheint mir die einzige Stadt zu sein, die ihre "Abschnitte" einfach ganz undogmatisch gezählt hat. Sechs Sechstel machen ein Ganzes, und nicht siebzehn Viertel!
Wir beginnen da, wo wir sind (genial! ;-)) ), vor dem Dogenpalast, und gehen an Harry's Bar vorbei, in der in den 1930er Jahren der Koch das Carpaccio erfunden und nach einem Maler mit dem Vornamen Vittore benannt haben soll. Weiter geht es an der k.u.k. Hof-Hutfabrik von 1862 vorbei zur Kirche San Moisè. Darin wird es plötzlich so finster - draußen auch. Der Donner grollt und Burkhard läuft rasch zum Hotel, den Schirm holen. Warum aber so pessimistisch?? Die dunklen Wolken trollen sich bald, nicht ohne ein paar Tropfen zwar, aber die waren wirklich nicht der Rede wert. Am Nachmittag strahlt die Sonne, es ist lan lan de tian, wie die Chinesen sagen: blauer, blauer Himmel. Es ist in der Sonne schon fast zu heiß. Auf dem Campo Santo Stefano nehmen wir einen Eiskaffee zu uns - die Vermutung ist, dass das eine Kreation ausschließlich für deutsche Kunden ist, derer es reichlich gibt. Es scheint von allem reichlich zu geben. Franzosen, Österreicher, Engländer, Amerikaner, aber auch jede Menge Asiaten. Spanisch ist meinen Ohren bisher noch nicht so aufgefallen - bestimmt nur Zufall.
Der Eiskaffee ist mit 11 Euro fast geschenkt - so sind hier die Preise. Wer preiswert Urlaub machen will, ist hier definitiv falsch. La Serenissima, die Allerheiterste, beschäftigt sich gar nicht mit dem schnöden Mammon. - der Kellner gibt uns als Dreingabe noch Italienischunterricht: es sei nicht nötig, Espresso zu bestellen. Man könne einfach caffè verlangen, der Standardkaffee sei in Italien eben Espresso. Gerade eben haben wir das Gelernte nach dem Abendessen anwenden wollen - wieder verkehrt: Espresso?, kommt prompt die Rückfrage der Bedienung. Ja doch!!
Wir lassen uns weiter treiben, immer wieder zum Canale Grande, und immer wieder zurück in das Labyrinth von Gässchen, Straßen und Kanälen. Es gibt jede Menge Kunstgalerien und Läden mit Sachen, die die Welt nicht braucht. Aber auch jede Menge Kiiiirchen (bin Westfälin!), die entweder noch als Gotteshaus genutzt werden oder auch nicht. In San Maurizio gibt es eine Ausstellung historischer Streich- und Zupfinstrumente, darunter auch einige Experimentalgeigen mit Schalltrichter: das hat sich wohl nicht so durchgesetzt. Die Skelettgeige hingegen konnte neuerdings als e-Violine doch noch implementiert werden!
Santa Maria del Giglio lassen wir aus - wegen mehrerer Tintoretti und anderer Werke venezianischer Meister kostet es hier Eintritt, obwohl der Kirchenraum gar nicht attraktiv aussieht. Die Front ist dafür recht ausgefallen dekoriert, unter anderem mit reichlich Galeerenszenen, aber auch mit einer Reihe von "Stadtplänen".
Später landen wir wieder am Campo Santo Stefano und betreten diesmal auch den sehr ungewöhnlichen Kirchenraum. Sehr groß und weit, mit getäfeltem "Himmel" in Form einer Längstonne, die den Querschnitt eines Kleeblatts mit fünf Rundungen hat. Fotografieren und schulterfreie Bekleidung sind verboten; ein Herr im karierten Hemd sorgt für die Einhaltung. Nur allzu oft muss er mit erhobener Stimme durch die große Halle Leute zur Ordnung rufen.
Schließlich landen wir an der Rialtobrücke. Der Name soll von rivo alto kommen, hohes Ufer - na, so hoch ist es ja nun nicht. Überall in den Straßen und Gassen lagern Stapel von "Tischplatten" und recht kurze "Tischbeine": die mobilen Laufstege, die so immer schnell aufgebaut werden können, wenn die Ufer mal wieder nicht hoch genug waren.
Wir gehen zum Fischmarkt, und ich gebe hiermit ausdrücklich zu Protokoll, dass die Ca d'Oro jetzt nicht eingerüstet ist. Gestern Abend war sie sogar vom Schein bunter Neoninstallationen erleuchtet - heute warten wir in der blauen Stunde vergeblich. Vorher haben wir nett und teuer, aber nur mäßig gespeist: gleich neben den Markthallen mit Blick auf den Canale Grande und die mit der Abendsonne verblassenden Häuserfronten. Wunderbare Farben! - Dafür bin ich jetzt zu müde zum Korrekturlesen und hoffe, dass die Sätze alle stimmen und auch sonst nicht soviel Fehler darin sind.
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